Ich entsinne mich noch an den Tag, an dem ich "meinen Schwarzgurt" erhielt.
Es war das letzte Training vor den Sommerferien 2015. Unsere kleine "Abschlussfeier". Draußen eine Bullenhitze. Wir wollten hinterher noch grillen.
Michael Stahl war in der Gegend und konnte es kurzfristig einrichten uns zu besuchen. Er war das erste Mal bei uns zu Gast. Wir hatten eine tolle Zeit, Michael erzählte viel und zum Abschluss meinte er etwa:
"Hier is jemand der macht ne tolle Arbeit, der trägt immer noch den brauen Gürtel. Der sollte heute seinen Schwarzgurt bekommen."
Zu der Zeit hatte ich den 9. Schülergrad. Mir fiel die Kinnlade runter. Natürlich war dies eines meiner großen Ziele. Jedoch hatte ich es mir erst frühstens zwei bis drei Jahre später ausgerechnet ("... im Sommer zur Trainerfortbildung eventuell den 10.ten, dann noch etwa zwei Jahre..."). Ich kam mir vor wie im Traum.
Ich trage ihn mit Stolz und zur Erinnerung auch weiterhin an mir zu arbeiten, zu lernen und zu wachsen. Und nach dem Training lege ich ihn ordentlich zusammen und verstaue ihn in seiner Schublade. Ich behandle ihn achtsam und nehme mir Zeit beim umzubinden. Selbst jetzt noch nach den vielen Jahren.
Dennoch hat sich etwas verändert. Er ist mir nicht mehr so wichtig, wie zu der Zeit, als ich ihn mir wünschte. Nach der Trainerausbildung dachte ich: "Du hast's drauf." und wollte zu Wettkämpfen... Jetzt weiß ich, wie wenig ich von dem ganzen Kampfkunst-Dingens verstanden oder erfasst hab. Es gibt noch unendlich viel zu lernen. Ich freue mich über jeden kleinen Fortschritt.
Ich tage Ihn für mich, aber auch für die Kinder die in meine Kurse kommen und deren Eltern. Ich denke den Eltern ist es wichtig, dass ihre Kinder bei einem Trainer mit Schwarzgurt (einem "Meister") trainieren und den Kindern als Ansporn und Vorbild.
Am Anfang ging es mir immer nur um die Techniken. Den Stand, Bewegungen, Abläufe - und das ist gut und richtig so. Unterdessen habe ich verstanden, das dies gar nicht das Wichtigste ist, sondern nur ein Vehikel, welches uns zum Ziel bringen soll.
Es geht um das Wachsen als Persönlichkeit. Um innere Stärke, Selbstbewusstsein, Selbstachtung, Selbstwertgefühl, Verantwortlichkeit für das eigene Leben, Charakter, Umgang mit den Menschen um uns herum, Verhalten in herausfordernden Situationen.
Mein Schwarzgurt ist eine Art "Knoten im Taschentuch", der mich an dies alles erinnern soll.
Henryk