Grenzen – liebevoll anerkennen (3. Teil)

Grenzen – liebevoll anerkennen (3. Teil)

Lesezeit ca.: 4 Minuten

Zuletzt aktualisiert vor 8 Monaten von Henryk

Grenzen sind gut und wichtig, jeder hat Grenzen. Deine Grenzen erkennen und anerkennen ist wichtig, denn, das Wissen darum ist die Grundlage für eine gesunde Selbstfürsorge.

Entdecke das Geschenk in deinen Grenzen – Image by klimkin from Pixabay

„Grenzen sind nur Linien in unserem Kopf.“

Das ist korrekt. Du bestimmst: Was für dich in Ordnung ist, und was zu weit geht. Wo kommt es zu Grenzüberschreitungen? Grenzen dienen dazu, uns ab-zu-grenzen. Erst durch das Sichtbarmachen einer Grenze, mit Zäunen, Pfählen, Schildern – die Abgrenzung – bildet sich ein Gebiet oder ein (geometrisches) Objekt heraus. Ein Haus entsteht, erst durch seine Wände. Zugehörigkeit und Abgrenzung sind ein wichtiges Kapitel in unserer Persönlichkeitsentwicklung, gerade in der Jugend spielt dies eine große Rolle.

Unsere Zeit, unser Leben, unsere Kraft, Rohstoffe, Land, das Schlimme und das Schöne. Die Liebe und das Leiden. Alles ist endlich, begrenzt. Wenn etwas grenzenlos ist, dann verlieren wir uns, ohne Grenzen keine Hoffnung, auf ein Ende und einen – neuen – Anfang.

Grenzenloses Vertrauen

Babys haben keine Grenzen. Sie leben Symbiose, eine Verschmelzung und definieren ihr Sein durch die Gegenwart der Mutter. Verschwindet die Mutter aus ihrem Blickfeld, bekommen sie Angst, dass sie selbst aufhören zu existieren. Denn ihnen fehlt noch das Bewusstsein der „Objektpermanenz“*. Diese Entwicklung vollzieht sich erst zwischen dem 3. und dem 8. Lebensmonat. Der nächste große Schritt, etwa im Alter von 18 Monaten, ist die Erkenntnis, ein ICH, ein SELBST zu sein. Der erste Akt der „Abnabelung“ und Loslösung von der Mutter. Die erste Grenze erkennen und später anerkennen, zwischen ICH und DU.

*) Die Objektpermanenz ist die geistige Fähigkeit, zu wissen, dass etwas auch dann existiert, wenn es sich außerhalb unseres Sichtfeldes befindet. Das ist für uns Erwachsene natürlich selbstverständlich, aber Neugeborene denken nur innerhalb ihrer Sichtweite. Sobald etwas ihr Wahrnehmungsfeld verlässt, hört es auf zu existieren. Darum ist die Objektpermanenz so ein fundamentaler Entwicklungsschritt.

Quelle: Blinkist – Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen. Siehe auch: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Objektpermanenz

Wenn wir nicht beginnen, Grenzen zu setzen, bleiben wir immer an der unsichtbaren Nabelschnur unserer Mutter. Wir sind abhängig von der ständigen Bestätigung und Anerkennung durch andere. Findet diese nicht statt, fühlen wir uns unwohl und schlecht, haben wir Angst zu verschwinden und uns aufzulösen.

Begegnung findet an den Grenzen statt.

An meinen Grenzen lerne ich mich selbst kennen. Meine größte Kraft und Fähigkeit, ebenso meine tiefste Dunkelheit. Ich begegne dem Anderen und ebenso dem Unbekannten in mir. Bin ich bereit, mich darauf einzulassen, bereit für eine „Grenzerfahrung“*? Erst an meinen Grenzen begegne ich meinem wahren Selbst, ohne Maske, ohne Schutz, ich werde verletzlich. Dann erfahre ich, wie „erleuchtet“ ich wirklich bin. 😅

*) Erlebnis, bei dem Körper und Psyche extremen Belastungen ausgesetzt sind, bei dem jemand seine psychischen und physischen Grenzen erfährt (Duden). Grundprinzip und Zielsetzung z.B. bei Outdoor-Seminaren oder in spezifischen Therapien, die eigenen Möglichkeiten freiwillig ausloten, Grenzen erkennen und anerkennen bzw. eventuell erweitern und überschreiten. (Lexikon der Psychologie)

Ein Leben ohne Grenzen ist der kindliche Wunsch, „eine Welt zu schaffen, die steril, sicher, ohne Leiden, ohne Schmerz ist, in der alles machbar und beherrschbar“ sei.

Rezension von Florian Englert: Der Mensch in einer grenzenlosen, leeren Welt

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Grenzen zu setzten, Unsicherheit, Distanz und auch Einsamkeit mit sich bringt. Andererseits kann erst dadurch echte Beziehung, Erotik und Begehren entstehen. Erst der Zaun macht die Früchte des Nachbarn interessant. Sie machen eine Beziehung möglich und halten Sie spannend. Autonomie und Distanz sind Grundlagen für Nähe und Intimität. Erst der Abstand macht freiwillige Hingabe möglich.

Selbstbestätigung

Grenzen werden von manchen als Reglementierung, als Einschränkung ihrer Freiheit gesehen. Wir sehen es in Amerika, das neuerliche Schulmassaker in Texas hat seine Ursachen bei den politisch Verantwortlichen, welche nicht bereit waren, die waffenrechtlichen Grenzen zu verschärfen. Grenzen helfen dir, dich zu definieren. Helfen dir herauszufinden, wer du bist und vor allem was du wirklich-wirklich willst. Erst die Grenze schenkt dir die Möglichkeit, dich zu entscheiden, sie zu übertreten.

Grenzen schenken dir die Freiheit, der zu sein, der du bist.

Lernen, Grenzen zu setzen heißt, selbständig zu werden und gesund unabhängig zu sein. Ziel ist es, uns selbst all die Anerkennung, Bestätigung und Respekt zu geben, den wir verdienen und bisher von anderen erwartet haben. Damit wirst du weniger anfällig für Missbrauch, Manipulation und Ausbeutung, denn du hast aufgehört, nach der Bestätigung durch andere zu lechzen, ihre Legitimation ist nicht (mehr) notwendig. Du bist kein durstiges Kind, dass sich auf alles stürzt, was irgendwie nach Trinken aussieht, egal ob es dir guttut oder schadet. Der Wunsch nach fremder Anerkennung in Ordnung, problematisch ist, wenn wir unser ”Selbst-bewusst-sein“ davon abhängig machen. Erhalten wir Lob oder Zuspruch von außen, dann ist dies ein Bonus und nicht deine Lebensgrundlage.

Keine Grenzen zu setzen, ist der Schrei unseres inneren Kindes nach bedingungsloser Liebe.

Wenn wir Grenzen setzen, haben wir gute Voraussetzungen, uns zu einer starken Persönlichkeit zu entwickeln. Ohne diese sind wir formlos und stehen in Gefahr uns als Person, Individuum aufzulösen. Wir sind uns unserer selbst nicht mehr bewusst.

Also dann, liebevolles Anerkennen deiner Grenzen als wundervollen Begrenztheiten 😍
Dein Coach Henryk

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