Abschiedsbrief

Abschiedsbrief

Lesezeit ca.: 3 Minuten

Liebe Frau K.,

ich bin sehr traurig, dass Sie uns verlassen. Haben Sie doch mit Ihrer jugendlichen Frische und Unbekümmertheit viel Sonnenschein in unsere finsteren Hallen gebracht. Ich werde sie vermissen. Zum anderen freue ich mich für Sie, dass sie den Schritt in etwas Neues wagen. Das ist Leben. Behalten sie diesen Mut, es wird noch nicht die letzte (berufliche) Station auf ihrem Wege sein.

Was ich ihnen am allermeisten wünsche, bleiben Sie in ihrem Inneren ein Kind. Dafür sind die Kinderriegel. Bei Gefahr erwachsen zu werden, ganz langsam einen (nur 1!) auf der Zunge zergehen lassen.

Kinder sind nie nachtragend, sind immer neugierig und vertrauen darauf, dass alles gut ausgeht. Sie glauben, dass es jemand/etwas Größeres gibt, dass auf sie achtet.  Sie lassen sich nicht von gesellschaftlichen Konventionen abschrecken („Das macht man aber nicht…“). Sie überwinden zwischenmenschliche Abstände ganz einfach mit einem unglaublichen Lächeln oder ein paar Worten. Kinder wollen lernen. Hören auch sie nicht auf zu lernen, eine weitere Sprache, ein Instrument, eine Sportart…, ich persönlich empfehle ihnen eine Kampfkunst, Taekwondo, Kung-Fu… das ist etwas fürs ganze Leben.

Lesen Sie viel. Reisen sie jetzt wo sie jung sind, lernen Menschen, Länder, Religionen kennen… Besuchen Sie Theater und Museen. Nehmen Sie sich Zeit, selbst zu kochen.

Ganz wichtig: geben sie niemals Ihre Träume auf. Auch nicht einem Menschen, einer Arbeit oder etwas Käuflichem zuliebe. Es kommt der Tag, an dem sie dies sehr bereuen oder es sie krank und freudlos gemacht haben wird. Es lässt ihr Strahlen verschwinden. Ebenso: achten sie immer darauf, dass es Ihnen gut geht. Nehmen Sie sich genügend Zeit für sich selbst, egal wie viel es tu tun gibt und wichtig eben dies erscheinen mag. Ein Glas Wein mit einem guten Freund, ein Telefonat, ein Besuch, ein Spaziergang, eine Stunde mit einem Buch oder einem Bad (oder beides zugleich), lässt sich nie nachholen. Ein zufriedener Mensch bleibt anziehend.

Suchen Sie sich etwas, dass Ihrem Wunsch nach Sinnhaftigkeit entspricht. Eine ehrenamtliche Tätigkeit in einem Verein, oder die Begleitung von Hilfstransporten in andere Länder, Unterricht an der Volkshochschule geben…

Vielleicht noch einen letzten Rat von einem „erfahrenen“ Menschen (ich vermeide extra das Wort alt). Bemühen Sie sich, Vorurteile zu vermeiden. Sie schränken unser Blickfeld ein und machen unser Herz eng und klein. Vermeiden Sie es Dinge, Erlebnisse, Zustände, Menschen in Gut / Schlecht, Richtig / Falsch, Wertvoll / Unnütz… einzuordnen. Alles gehört zum Leben dazu und hat vielleicht, im Nachhinein betrachtet, einen wichtigen Impuls für unser Leben gegeben, den wir sonst verpasst hätten.

Erleben sie etwas Schönes, versuchen sie es so zu nehmen wie es ist, ohne es zu beschreiben („Was für ein traumhafter Sonnenuntergang…“). Etiketten, Beschreibungen, Worte nehmen den Dingen ihren Zauber. Seien sich dieses Momentes und Ihrer Selbst ganz bewusst.

Lieben Sie. Hören Sie nie auf zu lieben, egal was auch immer passieren mag oder wie Menschen sie behandeln mögen. Zu lieben ist das Größte im Leben.

„Das Licht besiegt die Finsternis,
das Weiche ist stärker als das Harte,
die Liebe überwindet die Gleichgültigkeit.
Immer, überall und jederzeit!“

Seien sie ganz lieb umarmt (von Ferne – wegen Corona)
Я желаю вам всего хорошего.

Bildquelle: Bild von Alexa auf Pixabay

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