Warum Adam „sündigen“ musste

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Zuletzt aktualisiert vor 1 Jahr von Henryk

Nachdem Gott Adam aus Erde geformt hatte, blies er ihn an und „..er wurde ein lebendiges Wesen“. Übersetzbar als: Seele, Jemand, Leben, Selbst, Begierde, Hunger, Wille… Ebenso Tiere sind lebendige Wesen. Was unterschied Adam von den Tieren? Nichts. Er war ein Teil dieser ganzen Welt, fühlte sich mit allem verbunden. Er lebt in einem wunderbaren Garten, mit fantastischen Gewächsen und „verlockenden“ Früchten, einem Paradies. Und dem Baum des ewigen Lebens und dem Baum der Selbsterkenntnis und des Wissens.

Ein Baum

Wozu der Baum der Erkenntnis?

Gott stellt den Baum in den Garten und sprach das Verbot aus. Es war notwendig Adam eine Chance zu geben sich aufzulehnen. Das war der einzige Weg, für ihn Gott ebenbürtig zu werden. Sollte er ewig ein Kind bleiben? Ohne die Ablösung, das Abnabeln, wäre Adam wie ein Baby an der Mutterbrust geblieben. Ohne Bewusstsein wie ein Tier. Ohne zu erkennen, dass er ein Selbst, ein Ich, ein Individuum ist. Auf ewig abhängig und unselbständig. Immer die Hand aufhalten und empfangen?

Gott wollte das Adam sich von ihm emanzipiert. Er hätte ihn einfach vor die Tür setzten können. Das hätte nicht funktioniert. Das ist wie ein Kaiserschnitt. Kinder, die durch Kaiserschnitt zur Welt kommen, haben es später im Leben schwerer sich durchzukämpfen.

Erwachsen werden

Ein ganz normales Verhalten, alle die Kinder haben, kennen dass. Pubertät. Erwachsen werden. Selbst – Verantwortung übernehmen für sein Leben, Sicherheit, Finanzen, Futter, Klamotten, Gesundheit … Sich selber um seine Bedürfnisse kümmern, kein Schlaraffenland mehr, in welchem einem alles gebraten in den Mund fliegt. Wo Mama und Papa alles organisieren, machen, bezahlen, in Ordnung bringen. In Familien, wo dies nicht passiert entwickeln die Kinder zu Narzissten. Eine Plage für die Eltern, die Umwelt und letztendlich für sich selbst. Ewig unzufriedene, nörgelnde, blutsaugende Egoisten.

Klar ist das schmerzhaft aus dem elterlichen Nest zu fliegen. Und verwirrend. Und ungewohnt. Er wurde aus der allumfassenden Einheit von Gott, Natur und Mensch „ent-bunden“. Er fällt aus der Ganzheit und erkennt sich als Individuum.

Ein Individuum (lateinisch individuum ‚Unteilbares‘, ‚Einzelding‘) ist ein Ding, eine Entität oder einzelnes Seiendes.

https://de.wikipedia.org/wiki/Individuum

Ich bin mir sicher, auch für Gott war es nicht leicht. Eltern möchten „Ihre Babys“ gern immer klein und knudellig behalten. Da sind sie ja so süüüüß. Doch zu einer gesunden Entwicklung gehört eine Ablösung, für beide Seiten.

Eine Teilung entsteht

Ein Unterscheidbares. Ich hier und dort die Anderen. Der Dualismus ist geboren. Die Kategorien, Schubladen und Gegensätze. Bisher war alles eins. Nun ist alles verschieden. Erst in diesem Moment erkennt er den wahren Unterschied zwischen sich und seinem bisherigen Busenkumpel Issah. Er ist ihm ähnlich und gleichzeitig ganz anders. Issah ist eine Frau. Bähm. Das haut rein. Adam ist voll geflasht. Beide entdecken die Anziehung, das Begehren, den Sex. Issah ist mega-heiß, er kann nicht ständig hinsehen. „Ich hab nichts anzuziehen“, da ist es entstanden. Also schnell ein paar Blätter abrupfen und irgendwie darüber halten…

Die Geburt des Egos

Nach unserer Geburt gibt es nur ein großes Ganzes, Eines. Die Mutter, die mich nährt und pflegt, gehört zu mir. Geht sie weg, bricht die Welt des Kindes zusammen, es hört auf zu existieren („Trennungsangst-Syndrom“). Etwa mit anderthalb bis zwei Jahren* beginnt das Kind sich als ein Selbst wahrzunehmen.

*)Der Spiegeltest, auch bekannt als der „Mirror Self-Recognition Test“, ist eine Methode, um das Bewusstsein eines Lebewesens für sein eigenes Selbst zu überprüfen. Dieser Test wird häufig verwendet, um festzustellen, ob ein Mensch (oder ein Tier) ein entwickeltes „Ego“ hat, was auf ein gewisses Maß an sich seiner „Selbst-bewusst-sein“ hinweist.

Typischerweise wird der Spiegeltest bei Kindern ab dem Alter von etwa 18 Monaten bis 2 Jahren durchgeführt. In diesem Alter beginnen viele Kinder, sich selbst im Spiegel zu erkennen, was auf die Entwicklung eines rudimentären Egos hindeutet. Es zeigt, dass sie verstehen, dass das Spiegelbild ihre eigene Person darstellt.

Bei einigen Tieren, insbesondere Primaten und Delfinen, wurde ebenfalls beobachtet, dass sie den Spiegeltest bestehen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Spiegeltest 

Im Alter von 2- 3 Jahren schließt sich die „Nein-Phase“ an. Das Kind wird selbständiger, beginnt sich abzugrenzen/Grenzen zu setzen, seine eigene Meinung mitzuteilen und probt den „Aufstand“. In gewisser Weise kann man sagen, dass bestimmte Aspekte der „NEIN-Phase“ in der Pubertät in ähnlicher Form wieder auftreten. In beiden Entwicklungsphasen geht es um die Suche nach Autonomie und Identität.

So wie die natürliche Entwicklung eines Menschen hin zur Selbständigkeit (selber stehen) vollkommen normal ist, „musste“ auch Adam diese Stufen durchlaufen.

Adams „Strafe“

Und was in der Geschichte als „Strafe“ angeordnet wird, ist keine Strafe, sondern die logische Konsequenz eines selbstbestimmten Lebens. Wer hat seinen eigenen Garten und da gearbeitet? Umgraben, säen, pflanzen, düngen, gießen … Anstrengung, Hitze, Schweiß. Abends eine erfrischende Dusche und ein leckeres Abendbrot. Hinterher nochmal durch den Garten schlendern und sich an dem Erreichten erfreuen. Zufriedenheit. Arbeit ist sinnstiftend.

Später kann Adam die eigenen Früchte ernten und gemeinsam mit seinen Lieben genießen. Das ist doch was, doch auf jeden Fall keine Strafe.

Mit der schmerzhaften Geburt, das is ein schwierigeres Thema … angenommen, die Babys würden vom Himmel fallen, mit der Post kommen oder vom Klapperstorch. Sobald es Probleme gäbe, würden wir die zurücksenden oder zumindest umtauschen. Vielleicht ist das ein Hinweis darauf, dass alles Schöne und Wertvolle uns so richtig was „kostet“.

Zeit aufrecht zu stehen

Es ist Zeit das wir aufhören krum und schuldig dazustehen, Gründe zu suchen, Ausreden, Schuldzuweisungen. Sondern uns aufrichten. Zu uns stehen, zu dem, was wir sind und getan haben, zum Licht wie zum Dunkel. Das sind alles wir. Das befreit uns, lässt die Lasten von unseren Schultern fallen, das macht unser Licht stark und die Schatten kraftlos. Was wenn Adam mutig hervorgetreten wäre und gesagt hätte:

„Hier bin ich Gott. Ich bekam Angst, weil ich vom Baum gegessen hab und auch Eva essen ließ. Ich habe deine Regel übertreten und Strafe zu Recht verdient. Es tut mir leid.“

Ich könnte mir vorstellen, dies ist der Weg zurück ins Paradies …

Anmerkung: Die Entfaltung des Egos ist nicht das Ende der persönlichen Entwicklung. Ziel ist (wieder) die „Alleinheit“ mit Gott, dem Leben, dem Universum, dem Heiligen Geist. Jetzt jedoch als erwachsenes, erwachtes, reifes Selbst, in einer neuen Qualität. Nicht als unmündiges Kind, sondern auf Augenhöhe, als Ebenbild (1. Mose 1:26-27*). Der Kreis schließt sich.

*) Die Bedeutung des einzigartigen hebräischen Wortes „Tzelem“ {צלם} wurde im Englischen als „Image“ übersetzt. Luther verwendet in Anlehnung an das lateinische „imaginem“, die wörtliche Bedeutung „Bild“, welches im Neudeutschen auch für „Picture“ oder „Foto“ steht – das ist kein Zufall.

In der hebräischen Bibel bekommt das Wort „Tzelem“ zwei ähnliche Umschreibungen,  zuerst: „Idol“ im 2. Könige 11:18. Die zweite ist einer eher metaphorischen Art, einen greifbaren Gegenstand zu beschreiben. So haben wir die andere Bedeutung von „Bild/Image“ erhalten, welche im Buch Genesis zu finden ist.

Funfact: Die Verwendung dieser Wurzel findet sich in dem modernen hebräischen Wort für „Kamera“ – „Matzlemah“ {מצלמה} wieder – was nach der hebräischen Logik „ein Gerät, das Bilder erzeugt“ bedeutet.

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